Liebe Kunstfreunde!
Da gibt es Leute – wahrscheinlich 60 Millionen in Deutschland – die bis zum 30. Lebensjahr noch in keinem Kunstmuseum waren. Dafür sollte es Malus-Punkte bei der Rentenversicherung geben, denn immerhin handelt es sich meistens um hochsubventionierte Häuser, also so etwas wie Gemeineigentum.
Aber es gibt dann eben auch Fälle, wo die Kunst noch mit 30 in den frontalen Cortex einschlägt wie ein Blitz auf der Zugspitze und dann eine wunderbare Kreativlawine auslöst. Dabei muss ich an Andreas Kuhnlein (googeln!) denken, der seine Colts als Bodygard von Ministern und Aufpasser in Stammheim etc. an den Nagel gehängt hat und statt dessen mit einer weltbekannten Kettensägenmarke (Stilbildend) jeden Baumstamm, den er erwischt um ca. die Hälfte im Volumen reduziert. Daraus sind spannende Holzschlachtungen entstanden, die z.Z. mit den antiken Skulpturen in der Münchener Glyptothek ein Gespräch angefangen haben. Und siehe da: zwei total verschiedene Sprachen, aber was dabei heraus kommt macht Sinn.
Nun nochmal zu „Unser Schiff Sex“ (s. 28. Ausgabe), diesem Hochregallager für korrumpierte Abenteuerseelen. Da wurden neulich doch zwei Fairbrecher aus dem Personal festgenommen. Da ich mal im Strafvollzug Mördern, Drogis etc. das Bildhauern in Stein beigebracht habe, kam ich auf diese Idee: Strafvollzug an Bord. Von ganz unten in der Wäscherei und Küche hocharbeiten bis zum Freigänger und Eintänzer. Weglaufen geht ja schlecht. Evtl. mit öffentlichen Fütterungen und Vorträgen wie: „Sind Täter auch Opfer?“ und dem workshop „Wir basteln uns eine „Bella Figura“ aus landestypischen Steinsorten z.B. in Larvik, Paros oder Carrara, wenn der Pott da grade vorbeifährt. Der Staubdreck auf dem Achterdeck fliegt durch den Fahrtwind weg. Modelle als Anschauungsmaterial gibt es genug in den Pools und Muckibuden an Bord.
Übrigens das Thema „Kunst an Bord“: Auf dem teutschen Albtraumschiff „Deutschland“ musste ich im TV sehen, dass dort Bronzegüsse an Bord stehen. Sehr hohl. Vielleicht ist es deshalb Pleite gegangen. Man muß nicht gleich wie eine Amerikanerin 15 mal um die Welt schippern, um Kunstgeschichte drauf zu bekommen.
„Und jeden Tag ist eine große Versteigerung anberaumt im großen Auditorum Maximum, das imposante Theater, u.a. für Blind Art, unter einem schwarzen Vorhang verborgene Werke. Sozusagen: die Katze im Sack. Und hocherhobenen Hauptes mit einem stolzen Zug um den Mund ziehen sie mit einem ergatterten Kitschwerk unter dem Arm vondannen. Na, wieder ein prima Schnäppchen gemacht und umso wertvoller erscheint ihnen die Beute.“ (Angela Kaiser).
Mir fehlt die Erfahrung und manchmal sogar die Phantasie.
Alles Gute!
Ben Siebenrock